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  • AutorenbildAndrea Spiller

Einen Praktikumstag in einer Kindertagesstätte erleben


Der Selbstversuch von Stefanie Kaule


Als Sinnstifterin habe ich in den letzten Monaten diverse Berufsorientierungs- oder Hospitationstage vermittelt. Ich habe auch schon einige Kindergärten von innen gesehen. Was mir aber noch fehlte: Der Blick als Hospitantin. Wie ist es, den Alltag in einer Kita und den Beruf der Erzieherin einen Tag lang zu erleben?


Dieses „Praktikumsexperiment“ durfte ich im Montessori Kinderhaus St. Theresia machen.

Mein Start in den Tag

Ich muss zugeben, am Morgen vor meinem Praktikumstag war ich ziemlich aufgeregt. Meist habe ich mit Erwachsenen oder Schüler*innen zu tun. Aber was mache ich mit den „Kleinen“? Werde ich einfach eine Aufgabe bekommen, soll ich mit den Kindern was basteln, spielen oder lesen? Mit wie vielen Kindern? Lassen sich die Kinder überhaupt auf mich ein?


Um 9 Uhr begrüßte mich die Leiterin Frau Köntges-Spangler sehr herzlich und bat mich erst einmal zu einem Gespräch in ihr Büro. Sie erzählte mir einiges über die Einrichtung. Schnell wurde ich überrascht, dass der Schwerpunkt der Einrichtung auf Inklusion liegt; Dachte ich doch bisher die Themen „Sozialer Brennpunkt“ und die Montessoripädagogik würden die Arbeit in der Kita am meisten prägen. Ich erfuhr, wie die Einrichtung zum Thema Inklusion kam, wie sie sich weiterentwickelt hat, aber auch wie dies heute gelebt wird, bis hin zu der Begeisterung oder auch Skepsis, die Eltern mit diesem Thema haben.

Sinnstifterin Stefanie Kaule mit Gruppenleitung Frau Wischniewski in der gelben Gruppe
Sinnstifterin Stefanie Kaule mit Gruppenleitung Frau Wischniewski in der gelben Gruppe

Kennenlernen

Dann ging es los. Frau Köntges-Spangler führte mich einmal durch das ganze Haus und stellte mich den Mitarbeiter*innen vor.


Meine „nächste Station“ war dann die gelbe Gruppe bei Frau Wischniewski, die gerade dabei war, den Frühstückstisch abzuräumen, denn die Frühstückszeit der Kinder war gerade vorbei. Ich erfuhr, dass jedes Kind selbst sein Besteck und seinen Teller abwäscht, denn Beteiligung und die Förderung der Selbstständigkeit wird in diesem Haus großgeschrieben. Auch Frau Wischniewski nahm sich Zeit um mir eine ganze Menge zu erzählen. Aber diesmal ging es um den Tagesablauf, um die Besonderheit, dass es fünf Kinder mit Förderbedarf in ihrer Gruppe gibt und wie die pädagogische Haltung den Kindern gegenüber ist.


Da in den Inklusionsgruppen nur 15 Kinder sind (davon 5 Kinder mit Förderbedarf), Ferienzeit ist und an meinem Hospitationstag auch Therapeuten im Haus waren, die die Inklusionskinder zu Einzeltherapien aus den Gruppen nehmen, herrschte eine sehr ruhige und überschaubare Stimmung. Das Montessori Kinderhaus St. Theresia hat ein riesiges und tolles Außengelände. Da wunderte es mich nicht, dass nach und nach einzelne Kinder kamen und fragten, ob sie nach draußen gehen können. Schon wieder erlebe ich, dass auch hier die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung gefördert wird. „Wir kennen unsere Kinder gut,“ erzählte Frau Wischniewski mir. „Wir wissen, wen wir alleine nach draußen lassen können“. Auch während unseres Gespräches hatte Frau Wischniewski die Kinder im Außengelände gut im Blick. Sie erzählte mir von einem Jungen mit Förderbedarf, der sich früher draußen noch nicht so benahm, dass er hätte alleine nach draußen gehen dürfen. Aber es gab einen schnellen Lernprozess. Das soziale Verhalten hat sich im Laufe von ein paar Wochen so verbessert, dass er es sich nun „erarbeitet“ hat, auch alleine nach draußen gehen zu dürfen. Und darauf ist er mächtig stolz. Er weiß aber auch genau, dass er es selbst in der Hand hat, ob er dies dauerhaft darf. Durch dieses und andere Beispiele schaffte Frau Wischniewski es wunderbar, mir ihre Haltung und gelebte Pädagogik nahe zu bringen.


Meine erste Aufgabe

Ehe ich mich versah, waren alle Kinder draußen und der Gruppenraum leer. So durfte ich meine erste Aufgabe machen: Ich half beim Tisch decken.


gedeckter Kindertisch in der gelben Gruppe
Meine erste Aufgabe ist das Tischdecken

Zum Mittagessen hatte ich dann in der nächsten Gruppe endlich die Gelegenheit in den direkten Kontakt mit den Kindern zu kommen. Jetzt wurde es spannend. In der roten Gruppe stellte mich Frau Odrljin den Kindern vor und ich durfte mich zu drei Jungen und einem Mädchen an den Tisch setzen. Es dauerte nur ein paar Minuten, da wusste ich ihre Namen, wer wie alt ist, wer bald in die Schule kommt, wer danach dann Vorschulkind ist, welche Spielsachen es hier gibt, welche Regeln hier herrschen. Ich war richtig erstaunt, wie offen die Kinder waren. Alles was ich tun musste: Offenheit und Interesse an ihnen zeigen. Den Rest haben die Kinder selbst übernommen.


Doch ich kannte die Regeln beim Essen nicht. Sie redeten und redeten und vergaßen dabei zu essen. Muss ich einschreiten? Müssen sie aufessen? Muss ich sie animieren, weiter zu essen? Ich entschied mich, vorsichtig auf das Essen hinzuweisen. Einer der Jungen mochte aber nur die drei Möhren essen, die auf seinem Teller waren, den kompletten Rest wollte er liegen lassen. Ich entschied mich, dies einfach zu akzeptieren. Zum Schluss kam Frau Odrjin hinzu, um mit mir kurz die Betreuung der Mahlzeit zu reflektieren. Ich war erleichtert, dass sie an mich keinerlei Ansprüche hatte. Obwohl sie selbst den Jungen aufforderte noch ein bisschen zu essen, war es völlig in Ordnung gewesen, dass ich nicht versucht habe, den Jungen zum Essen zu bewegen. Ich kenne ja auch die Regeln nicht. Und wenn jemand wirklich nicht will - gezwungen wird hier niemand.


Während des Freispiels nach dem Mittagessen setzte ich mich einfach auf den Boden in die Nähe der Kinder. Plötzlich kam das Mädchen, das beim Essen noch recht schweigsam war, zu mir, nahm meine Hand und ging mit mir zu den Puzzeln. Auch hier war ich wieder überrascht, wie schnell die Kinder mich akzeptieren und wie offen und freundlich sie auf mich zukommen. Ein paar Minuten puzzelte ich mit dem Mädchen alleine, bis sich dann eine Erzieherin aus der Gruppe zu uns setzte. Dadurch hatte ich die Gelegenheit mir abzuschauen, wie sie mit dem Kind puzzelt, welche Fragen sie dem Mädchen stellt, wie sie die einzelnen Sachen, die auf dem Puzzle zu sehen waren, benannte. Erst da wurde mir klar, es geht nicht nur um das puzzeln selbst, sondern auch um Sprachförderung.


Mein Eindruck

Leider war meine Zeit dann auch schon um. Ich verabschiedete mich von den Kindern und den Erzieher*innen. Mit der Leiterin Frau Köntges-Spangler tauschte ich mich noch mal kurz über den Tag aus.


Auf dem Nachhauseweg begleitete mich ein beschwingtes und zufriedenes Gefühl. Meine Aufregung wäre nicht nötig gewesen. Und würde ich noch mal einen Beruf wählen müssen: Der Erzieherberuf würde für mich durchaus in Frage kommen.


 

Dieses Praktikum hat Stefanie Kaule für Dich ausprobiert. Wenn Der Artikel dir gefallen hat, like ihn und folge uns auch auf Facebook und Instagram!


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Deine Sinnstifterinnen:

Andrea Spiller, andrea.spiller@werde-erzieher-in.de, 0151/180 49069

Stefanie Kaule, stefanie.kaule@werde-erzieher-in.de, 0160/924 24787

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